Ökumene in Kärnten
Gemeinsam auf dem Weg
Im Jahre 2003 erschien im Herder Verlag das Buch: ,,Typisch katholisch - typisch evangelisch. Ein Leitfaden für die Ökumene im Alltag." Im Vorwort erinnert der Herausgeber, Michael Meyer- Blanck, an den ehemaligen evangelisch-lutherischen Bischof von Oldenburg und engagierten Ökumeniker Wilhelm Stählin (1883-1925) und an den unter seiner Leitung seit I946 aktiven Evangelisch-katholischen Arbeitskreis zur Klärung kontroverstheologischer Fragen. In diesem Arbeitskreis hat Stählin die auf große Zustimmung stoßende Meinung vertreten, ,,dass man nicht evangelisch sein kann ohne katholisch, und nicht katholisch, ohne evangelisch zu sein".
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese Überzeugung, die hier so leicht und so selbstverständlich geäußert wird, auch in den katholischen und in den evangelischen Kerngebieten Kärntens von allen Gläubigen uneingeschränkt geteilt wird. Obwohl sich in den letzten Jahrzehnten im Umgang, im Zusammenleben und in der Auseinandersetzung gegensätzlicher kirchlicher Positionen enorm viel Positives getan und bewegt hat, bleibt aus meiner Erfahrung doch auf beiden Seiten bei vielen nach wie vor ein Rest von Zurückhaltung, Vorsicht, Unsicherheit und manchmal Ressentiments.
Umso mehr gilt es, noch bestehenden Vorurteilen und Ängsten entgegenzuwirken, das jeweils ,,Andere" als Bereicherung zu sehen, voneinander zu lernen und im aufgeschlossenen ökumenischen Miteinander lebendige und hoffnungsvolle Zeichen eines offenen, zukunftsorientierten Miteinanders in der Ökumene zu setzen. Der dahinterliegende Entstehungsprozess ist so ein ermutigendes Signal und weiteres wichtiges Hoffnungszeichen.
Wer bereit ist, sich auf den anderen einzulassen, wer offen ist, zu hören und zu erfahren, wie meine Schwester, mein Bruder in der anderen Kirche betet, feiert, die Bibel liest und zu verstehen sucht, der wird vom andern lernen und bereichert aus diesem Dialog hervorgehen.
Es gilt also aus dem reichen Fundus unserer Traditionen neu zu schöpfen und den ,,gehobenen Schatz" für die eigene Glaubenspraxis fruchtbar zu machen. Wir wollen besonders die Pfarrgemeinden ansprechen und zu ökumenischen Begegnungen anregen.
Es ist noch wie vor eine große Herausforderung, Jugendliche für das Evangelium, für Liturgie oder für Kirchengeschichte zu begeistern. Wir sind bemüht auch für Schülerinnen und Schüler einen neuen und spannenden Zugang zu eröffnen und ihr Interesse zu wecken. Auch im schulischen Umfeld besteht die Möglichkeit, die eine oder andere Religionsstunde im ökumenischen Dialog gemeinsam zu gestalten.
Einer der ersten Leitsätze der Charta Oecumenica, die om 22. April 2001 feierlich in Straßburg unterzeichnet wurde, lautet: Vielfältige Formen der ökumenischen Zusammenarbeit haben sich bereits bewährt. In Treue zu dem Gebet Christi: "Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, sollen auch sie eins sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast" (Joh 17,21), dürfen wir jedoch bei dem jetzigen Zustand nicht stehenbleiben. Im Bewusstsein unserer Schuld und zur Umkehr bereit, müssen wir uns bemühen, die unter uns noch bestehenden Kontroversen zu überwinden, damit wir gemeinsam die Botschaft des Evangeliums unter den Völkern glaubwürdig verkündigen."
Wir sind gemeinsam auf dem Weg. Auch wenn wir manchmal vielleicht ungeduldig sind und raschere Veranderungen in manchen Bereichen wünschen, so gibt es doch sehr viele ermutigende und zukunftsweisende ökumenische Lebenszeichen, besonders auch bei uns in Kärnten, für die ich sehr dankbar bin.
Ich hoffe und wünsche mir, dass viele unserer Kirchenmitglieder in der Auseinandersetzung mit den religiösen Themen unserer Zeit das gegenseitige Verständnis vertiefen und sich daraus ganz neue ökumenische lmpulse für die Zukunft ergeben.